Mehr als einmal flogen im Rahmen der documenta die Fäuste: nicht nur metaphorisch, sondern auch im buchstäblichen Sinne: Schon 1972 begegneten sich Joseph Beuys und der Kasseler Künstler Abraham David Christian mit Handschuhen im Ring. Der "Boxkampf für direkte Demokratie" wurde im Fridericianum inmitten der Schriftbanner mit Slogans des Konzeptualisten Ben Vautier ausgetragen. Sieger nach Punkten: Joseph Beuys. Als Ringrichter fungierte der documenta Künstler Anatol Herzfeld - im bürgerlichen Leben Verkehrspolizist.

 

20 Jahre später waren "Jazz, Baseball und Boxen" zentrale Schlagworte des kuratorischen Leiters Jan Hoet: Er sah den Boxkampf "nicht als Metapher für die Kunst, sondern für das Leben" und so zählte ein internationaler Boxkampfabend - Profiboxen wohl gemerkt - zum offiziellen Rahmenprogramm seiner DOCUMENTA IX. Mit dabei: Axel Schulz (D), Samson Cohen (USA), Alexander "Der Große" Miroschnichenko (GUS) und der spätere Publikumsliebling und Einschaltquotengarant "Gentleman" Henry Maske (D).

 

"In einem gewissen Sinne ist es beim Boxen wie bei der Kunst: man muss haarscharf Echtheit von Pose unterscheiden können, spüren, wo die Authentizität aufhört und die Berechnung beginnt." So der documenta Kurator und passionierte Boxsport-Aficionado Jan Hoet.

 

Ein Teil der Eintrittsgelder zum DOCUMENTA IX BOXING kam nun unerwartet bei Erschließungsarbeiten am Bestand der d9 ans Tageslicht (Signatur: docA, AA, d09, 175).

 

Einmal mehr zeigt sich das documenta archiv als einmalige Quelle zur Kunst- und Ausstellungsgeschichte. Und in diesem Fall auch als Fundgrube für besondere Schätze. Nicht nur im wissenschaftlichen Sinne.

 

Ach ja: Henry Maske entschied den Kampf gegen Samson Cohen in der Sporthalle am Königstor klar für sich: KO in der 6. Runde.