Die Beziehungsgeschichte zwischen der documenta und dem östlichen Europa bildet ein noch weitgehend unerforschtes Terrain. Dieses Desiderat liegt teilweise darin begründet, dass auf der Kasseler „Weltkunstausstellung“ eine tiefer gehende Auseinandersetzung mit den künstlerischen Positionen im östlichen Europa lange Zeit nicht stattfand. In den Jahren zwischen der ersten documenta 1955 und der Öffnung des Eisernen Vorhangs wurde der „Osten“ vielmehr zum Gegenbild eines „freien“ Westens stilisiert.

 

Dennoch bekam das Publikum seit Gründung der documenta kontinuierlich auch Arbeiten ost- und südosteuropäischer Künstler*innen zu sehen, unter ihnen Wassily Kandinsky, Marc Chagall, Tadeusz Kantor, Jiří Kolář, László Lakner und Konstantin Zvezdočetov. Zudem waren Fachleute wie die Museumsdirektoren Zoran Kržišnik (Ljubljana) und Ryszard Stanisławski (Łódź) in die Vorbereitung von documenta-Ausstellungen involviert.

 

Das documenta archiv lud vom 16. bis 17. Juni 2023 ausgewählte Expert*innen dazu ein, sich im Rahmen von Impulsvorträgen mit Diskussion sowie von offenen Gesprächsrunden über das Verhältnis zwischen der documenta und dem östlichen Europa auszutauschen. Ziel war es, einen Überblick über aktuelle Forschungen zu gewinnen und Perspektiven für zukünftige Forschungsprojekte zu entwickeln.

 

Konzeption: Dr. Birgitta Coers, Dr. Sebastian Borkhardt, Dr. Alexia Pooth

 

 

Programm:


Freitag, 16. Juni

 

Eröffnung des Workshops und Begrüßung
Prof. Dr. Andreas Hoffmann, Geschäftsführer der documenta und Museum Fridericianum gGmbH, und Dr. Birgitta Coers, Direktorin documenta archiv


Panel I


Dr. Alexia Pooth (Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam)
Die documenta und das östliche Europa: Annäherungen an ein Thema


Prof. Dr. Isabel Wünsche (Constructor University Bremen)
Abstraktion und die „Superiority of the West“ auf der documenta


Dr. Elena Korowin (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Osteuropäische Künstlerinnen und die documenta

 

Panel II


Prof. Dr. Barbara Kristina Murovec (Kunsthistorisches Institut in Florenz – MPI)
Jugoslawien und internationale Kunstausstellungen: Politische Aspekte und Bedingungen der Kunst und Kunstgeschichte in den 1950er Jahren


Prof. Dr. Matteo Bertelé (Universität Ca' Foscari Venedig)
Ein steinerner Gast: Die Sowjetunion auf der documenta in den 1960er Jahren

 

Panel III


Dr. Andrea Pócsik (Kulturwissenschaftlerin und Hochschuldozentin, Budapest)
„Alter-archivalische“ Wissensproduktion


Dr. Corinna Kühn (Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Transnationale Netzwerke der Neoavantgarde Ostmitteleuropas im Spiegel der documenta


Panel IV


Dr. Hana Gründler (Kunsthistorisches Institut in Florenz – MPI)
Von der Fraglichkeit des Sichtbaren: Kunst und Philosophie als widerständige Praktiken in der ČSSR, 1968–1978


Charlotte Adèle Murphy (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)
Vadim Sidur und die documenta: Zwischen Strategie und Zufall


Führung durch das documenta archiv
Martin Groh, documenta archiv, Abteilung Forschung

 


Samstag, 17. Juni


Einleitende Bemerkungen zum zweiten Workshop-Tag
Dr. Sebastian Borkhardt, documenta archiv, Abteilung Forschung


Offener Austausch I:
„Die documenta und das östliche Europa“ – Herausforderungen und Potenziale

 

Offener Austausch II:
Nächste Schritte


Resümee und Verabschiedung