nolde/kritik/documenta

ein Projekt des documenta archivs, der Draiflessen Collection der Nolde Stiftung Seebüll und Mischa Kuball

 

Fridericianum, Friedrichsplatz 8
10. Dezember - 19. Februar

 

Pressematerial zum Download finden Sie hier.

 


Emil Nolde (1867–1956) zählt zu den bekanntesten Künstlern der Klassischen Moderne. Seine heutige Wahrnehmung ist durch historische Mythenbildung und deren Dekonstruktion geprägt. Nach dem Zweiten Weltkrieg lancierten er selbst und die zeitgenössische Kunstgeschichtsschreibung das Bild des verfemten Malers. Erst in jüngster Zeit sind Noldes antisemitische Haltung und sein Opportunismus gegenüber dem Regime wieder ins Bewusstsein gerückt.

 


Der Düsseldorfer Konzeptkünstler Mischa Kuball (*1959) hat sich mit Unterstützung der Nolde Stiftung Seebüll, auf die Spuren dieser ambivalenten Künstlerpersönlichkeit begeben und sich kritisch mit Werk und Wirkung Emil Noldes auseinandergesetzt. Erste Ergebnisse waren im Winter 2020/2021 in der Draiflessen Collection in Mettingen zu sehen. Auf Einladung des documenta archivs setzt Kuball diese Spurensuche in diesem Jahr fort. Das forschungsbasierte Ausstellungsprojekt „nolde / kritik / documenta“ beleuchtet die Verschränkung von Werk und Biografie und fragt nach den Widersprüchlichkeiten der Moderne, die in der Künstlerfigur Emil Nolde exemplarisch hervortreten. Der Ausgangspunkt ist die Inszenierung der Gemälde Noldes im Rahmen der documenta I-III (1955, 1959, 1964), die den „Mythos Nolde“ entscheidend prägte. Ein Beispiel hierfür ist die nach 1945 entstandene Legende der „Ungemalten Bilder“ – jener kleinformatigen Aquarelle die Nolde während des Zweiten Weltkriegs in angeblicher Isolation schuf.

 

Mischa Kuball:

"Die Idee von 'nolde / kritik / documenta‘ war es, die Wirkmacht der Farben im Werk Emil Noldes zu befragen. Jahrzehntelang überstrahlten sie die Nähe des Künstlers zum Nationalsozialismus und seinen Antisemitismus. Der Farbentzug soll kritische Distanz schaffen, den Schleier über Werk und Künstler transparent machen."

 


Dr. Birgitta Coers, Direktorin documenta archiv:
“Am Mythos des schwierigen Jahrhundertkünstlers Emil Nolde haben die frühen documenta Ausstellungen mitgeschrieben; sie sind Teil einer künstlerischen Erfolgsgeschichte, die sich vor allem der berückenden Farbigkeit und dem expressiven Pinselduktus seiner Malerei verdankt. Mischa Kuball lenkt den Blick auf die problematischen Schichten hinter den Bildern und Objekten, in die Tiefe der historischen Erinnerung und die Archive unseres Bildgedächtnisses. Kuball aktiviert Dokumente aus der Geschichte der Nolde-Rezeption und führt uns so die komplexe Bedingtheit unserer Sehgewohnheiten vor Augen. Wir werden hier im Kasseler Fridericianum, in das Noldes Gemälde 1955 zum ersten Mal einzogen, aufgefordert, auch die Institution „documenta“ zu hinterfragen und uns der Vergangenheit zu stellen.”


Über den Künstler Mischa Kuball:
1959 geboren in Düsseldorf, lebt und arbeitet in Düsseldorf Der Konzeptkünstler Mischa Kuball arbeitet seit 1977 im öffentlichen und institutionellen Raum. Mithilfe des Mediums Licht erforscht er architektonische Räume sowie deren soziale und politische Diskurse. Er reflektiert dabei unterschiedliche Facetten von kulturellen Sozialstrukturen bis hin zu architektonischen Eingriffen, die den Wahrzeichencharakter und den baugeschichtlichen Kontext betonen oder neu kodieren. In politisch motivierten und partizipatorischen Projekten verschränken sich öffentlicher und privater Raum. Es wird eine Kommunikation zwischen den Teilnehmer*innen, dem Künstler, dem Werk und dem urbanen Raum ermöglicht.

 

Seit 2007 ist Mischa Kuball Professor für Public Art / Öffentlicher Raum an der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM). 2002 bis 2008 war er assoziierter Professor für Medienkunst an der Staatliche Hochschule für Gestaltung (HfG) und am Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM). Seit 2015 Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und Künste, Düsseldorf.