#56 Die umgebende Hülle, Teil II

documenta archiv, BI, 7(rara)Paolini, G. 2 1977
rara Box vor der Restaurierung

documenta archiv, BI, 7(rara)Paolini, G. 2 1977
rara Box vor der Restaurierung

documenta archiv, BI, 7(rara)Paolini, G. 2 1977
rara Box während der Restaurierung

documenta archiv, BI, 7(rara) Paolini, G. 2 1977
rara Box während der Restaurierung
Während die Provenienz beim docArt des Monats Februar von vornherein klar war, ist die Herkunft von „rara-Box“ Nr. 2 nicht dokumentiert. Es lassen sich aber Rückschlüsse ziehen, auf welchem Weg sie ins documenta archiv gekommen sein könnte. Unter der Signatur docA_Bib_7(rara)Paolini, G. 2 1977 verbirgt sich eine weiße Box, die im Hochformat angelegt wurde, auf der Folgendes zu lesen ist: „[…] Kunst definiert Kunst. In diesem allgemeinen Sinn beschäftigt sich Kunst immer und zwangsläufig mit sich selbst. Giulio Paolini zählt zu den Künstlern, die im besonderen und expressis verbis Kunst durch Kunst definieren, die Kunst zum Thema ihrer Kunst genommen haben. Sein Stil ist nicht gestalt-formaler sondern denk-formaler Art. Als solcher durchzieht er kontinuierlich sein Werk und macht jede Arbeit als die seine erkennbar. Paolini denkt und verfährt dialektisch. Thesis, Antithesis: die Synthesis spart er aus wie der poetische Vergleich das tertium comparationis. […] Mein Text ist – wie mit Paolini abgesprochen – auf die umgebende Hülle gedruckt. […].“ Johannes Cladders. Paolini hatte die Kassette anlässlich einer monografischen Ausstellung „GIULIO PAOLINI“ (1977) im Städtischen Museum Mönchengladbach konzipiert, die von Cladders begleitet wurde. Sie enthält 16 schwarz-weiß Faksimile-Fotos der ausgestellten Werke. Dieser besondere Katalog ist editiert auf 550 Stück. Bei der uns vorliegenden Box handelt es sich um Nr. 31.
Der Direktor des Städtischen Kunstmuseums in Mönchengladbach, Johannes Cladders, gehörte unter der Leitung von Harald Szeemann zum kuratorischen Team der documenta 5 (1972). Zuständig war er für die Abteilung „Individuelle Mythologien“. Die Vermutung liegt nahe, dass die Box über Cladders selbst in den Bestand des documenta archivs gelangte. Die Künstlerliste [1] der documenta 5 bezeugt, dass Giulio Paolini in der von Cladders kuratierten Abteilung mit mehreren Arbeiten vertreten war – der Auftakt für eine mit Ausnahme der documenta 8 regelmäßige Teilnahme an der documenta, zuletzt 1992 unter Jan Hoet.
Doch weshalb wurde aus der Box eine Patientin der Restaurierungswerkstatt? In der Vergangenheit entstandene Schäden am Karton, etwa die ausgerissenen Ecken des getackerten Deckels sowie den geschädigten Deckel selbst, hatte man nur provisorisch mit Kunststoffklebestreifen „repariert“. Die in den klebrigen Hinterlassenschaften enthaltenen Weichmacher führen zu Verbräunungen und später zu Versprödungen des Papiers, wodurch Substanz verloren geht. Solche Schäden treten häufiger in Archiven und Bibliotheken auf.
Die alten Klebestreifen und die Klebereste sind sorgfältig zu entfernen. Mit einem Heizspatel, wie ihn die Abbildung zeigt, wird der noch haftende Streifen angelöst und gleichzeitig mit der Pinzette abgezogen. Die abgekühlten Klebstoff-Spuren werden schließlich mit einem Latex-Radierer oder mit einem in Ethylacetat getränkten Wattestäbchen abgenommen, ohne dabei die Farbstoffe im Druck in Mitleidenschaft zu ziehen! Daraufhin können die Risse und Abspaltungen im Karton mit Weizenstärke und Japanpapier stabilisiert und geschlossen werden. Auf ein erneutes Tackern wird aus konservatorischer Sicht verzichtet, da Metall eine potenzielle Rostgefahr birgt.
Arlett Sauermann

documenta archiv, BI, 7(rara) Paolini, G. 2 1977
rara Box nach der Restaurierung

documenta archiv, BI, 7(rara) Paolini, G. 2 1977
rara Box nach der Restaurierung

docA_Bib_7(rara)Paolini, G. 2 1977
rara Box nach der Restaurierung