#45 65 Jahre Ausstellungsgeschichte – die documenta bewegt
In der im November 2019 eröffneten Dauerausstellung „about: documenta“ in der Neuen Galerie in Kassel läuft gleich im ersten Raum ein Film, der Szenen aus 14 documenta Ausstellungen zeigt. Diese Video-Collage ist Teil der Ausstellungskonzeption und zugleich Ergebnis eines Sichtungsprojekts der Mediensamlung des documenta archivs.
Untersucht wird der VHS-Bestand des Archivs, der ca. 1.200 VHS-Kassetten umfasst. Das Ziel dieser Sichtung ist vor allem das Schaffen einer Grundlage und einer Übersicht über den Zustand der Sammlungsgruppe, außerdem sollen damit Prioritäten für die Digitalisierung der Videos, Filme und Szenen gesetzt werden. Die Videos wurden systematisch gesichtet und nach unterschiedlichen Kriterien beurteilt: Die filmischen Inhalte werden hinsichtlich ihrer Relevanz in Bezug zur documenta geprüft, der physische Zustand der Videobänder bewertet und eine Digitalisierungspriorität festgelegt. Haben ein oder mehrere Videos auf einer Kassette die Kriterien zur Digitalisierung erfüllt, werden die VHS-Kassetten umgehend im Multimedia-Studio des documenta archivs digitalisiert.
Die zuerst zu einzelnen Clips zusammengeschnittenen Video-Ausschnitte sind nach den einzelnen documenta Ausstellungen geordnet. So entstanden 14 Sequenzen, die jeweils eine documenta repräsentieren. Zu sehen sind berühmte Aktionen und Performances, wie die Einschmelzung der Zarenkrone durch Joseph Beuys (1921-1986) während der documenta 7 (1982) oder Roman Signers (geb. 1938) explosive „Schlussaktion“ auf der Karlswiese zur documenta 8 (1987). Aber auch verborgenere Momente und nie gezeigte Szenen wurden im Video verarbeitet, wie Interviews mit Marina Abramović (geb. 1946) und Ulay (1943-2020) direkt nach ihrer Performance „Nightsea Crossing“ zur documenta 7 (1982). Zwar geben all diese Ausschnitte jeweils nur einen Teil der Ausstellungen wieder, bieten aber in sich einen guten Überblick über die einzelnen Grundgedanken. Dies steht auch im Einklang mit der Ausstellungskonzeption der Neuen Galerie, die zeigen möchte „[...] wie jede documenta in ihrer individuellen Ausformung jeweils repräsentativ war für das Selbstverständnis und die Aktualität der Kunst sowie für den öffentlichen Diskurs ihrer Zeit.“, wie es auf der Internetseite der Neuen Galerie zur Dauerausstellung heißt.
Da die digitalisierten Videos jeweils pro documenta geordnet und geschnitten wurden, können diese auch im Einzelnen beim documenta archiv für die öffentliche Zugänglichmachung angefragt werden.
Maximilian Preuss