#43 DOCUMENTA IX versüßt den Alltag
DOCUMENTA IX Feinzuckertütchen, 1992, 5,5x5,5cm, Signatur: documenta archiv, AA, d09, Mappe 24, folio 48
Bleistifte, Schlüsselbänder und Aufkleber sind klassische Werbeartikel. Auch für eine große Kunstausstellung wie der documenta sind die kleinen Erinnerungsstücke und Mitbringsel unverzichtbar. Als eines der ersten Merchandise-Produkte wurde beispielsweise bei der documenta 6 (1977) eine Fliese mit Logo verkauft. Mit der Anzahl der documenta Ausstellungen stieg auch die Variation der Merchandise- und Werbe-Artikel. Der Kreativität wurde dabei keine Grenze gesetzt.
Diese Artikel verwahrt das Aktenarchiv im documenta-Bestand der jeweiligen Ausstellung. Im Findbuch sind sie unter den Begrifflichkeiten Drucksachen (d5-10), Merchandise (d11) und Werbematerialien (d12) vermerkt. Neben den Klassikern unter den Merchandise-Produkten finden sich dort auch kleine Kuriositäten. Ein Beispiel sei mit den kleinen 5,5 x 5,5cm großen, weißen Papiertütchen genannt, die beidseitig mit dem Schwanenlogo der DOCUMENTA IX sowie Ort und Laufzeit der Ausstellung bedruckt wurden (Kassel 13.6 – 20.9.’92). Aufgrund der Form und Größe des Tütchens lässt sich der Inhalt schnell erschließen: Feinzucker. Dies wird auf einer Seite der Verpackung unterhalb des Logos auch bestätigt. Auf der anderen Seite wird an gleicher Stelle die Herstellerfirma genannt: die Hamburger Kaffeerösterei und Firmengruppe J. J. Darboven, die die Sachets bundesweit vertreiben ließ. Die Firma war bereit, „Firmen oder der Verkehrsverein Kassel Service GmbH 10% Naturalrabatt“ zu gewähren, wie im Protokoll der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe documenta-Werbung vom 14.08.1991 festgehalten wurde (documenta archiv, AA, d09, Mappe 26).
Wie es zur Idee kam, Zuckertütchen als Werbemittel zu nutzen, lässt sich nur vermuten. Gesichert ist hingegen, dass die Eingebung für das Schwanenlogo bei einem gemeinsamen Essen des Teams um den Kurator Jan Hoet (1936-2014) im Spätsommer 1989 an der Fulda entstand. Die Diskussion über das Motiv wurde von einem „heranrauschenden, gerade bei der Landung durchs Wasser pflügenden Schwans“ unterbrochen und so ward das Logo geboren, erklärt Oliver Freigang, Mitglied des Pressebüros der DOCUMENTA IX, in einem Schreiben (documenta archiv, AA, d09, Mappe 26). Warum sollte also auch die Idee des Zuckertütchens als Werbematerial nicht bei einer gemeinsamen Tasse Kaffee entstanden sein?
Natalie Schmidt